Pressemitteilung
5 Jahre bayerisches Naturschutzgesetz: Trendumkehr erreicht, aber es bleibt noch viel zu tun !
Am 14.11.24 zogen die ÖDP-Landesvorsitzende Agnes Becker aus Wegscheid (Landkreis Passau) und der LBV-Landesvorsitzende Dr. Norbert Schäffer aus Hilpoltstein im vollen Saal Bilanz über 5 Jahre neues Naturschutzgesetz in Bayern.
Am Donnerstag, dem 14.11.24 zogen die ÖDP-Landesvorsitzende Agnes Becker aus Wegscheid (Landkreis Passau) und der LBV-Landesvorsitzende Dr. Norbert Schäffer aus Hilpoltstein im vollen Saal Bilanz über 5 Jahre neues Naturschutzgesetz in Bayern. Dieses Naturschutzgesetz hatten die bayerischen Bürger mit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen!“ 2019 praktisch erzwungen. Das von der ÖDP geschriebene und von ÖDP und LBV auf den Weg gebrachte Volksbegehren war das erfolgreichste Volksbegehren, das es in Bayern je gegeben hat. Der LBV beauftragte die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen mit der jährlichen Überprüfung, inwieweit die Ziele des Volksbegehrens tatsächlich umgesetzt werden.
Erfolge: 10% Naturwald, Netz aus Gewässerrandstreifen, Streuobstpakt
Zunächst berichtetet Dr. Norbert Schäffer über die Dinge, die nach 5 Jahren bereits erfolgreich umgesetzt werden konnten.
Gesetzeskonform erreicht wurde der geforderte Anteil von zehn Prozent Naturwald im Staatswald. Dort darf die Natur Natur sein und die Säge muss schweigen. Wehrmutstropfen: Bei den über 80.000 Hektar Naturwald hat die Staatsregierung großzügig auch 15.000 Hektar Latschenkiefer-Bestände mitgerechnet, die ohnehin ungenutzt sind. Was aber nach wie vor fehle, sei ein Laubwald-Nationalpark im Steigerwald.
Zu den Erfolgen zählt Dr. Schäffer den Schutz der „Gewässerrandstreifen“ bei Gewässern 3. Ordnung. „Der Rückgang der Artenvielfalt ist hier sogar noch dramatischer als in der Agrarlandschaft. Das Volksbegehren hat hier endlich für einen gesetzlichen Schutz gesorgt, den es in allen anderen Bundesländern längst gab. Auf einem fünf Meter breiten Streifen darf nicht mehr geackert werden als Schutz vor Eintrag von Sediment, Dünger und Ackergiften. Hier klappt die Umsetzung nach einer größeren Zeitverzögerung ganz gut.“ Die Kartierungen der Gewässer 3. Ordnung waren nämlich zum Teil mehrere Jahrzehnte alt und bedingt durch Klimawandel und großflächige Baumaßnahmen (z. B. Flughafen im Erdinger Moos – Absenkung des Grundwasserspiegels um rund 2 Meter) alles andere als aktuell. Diese Kartierungen werden jetzt in ganz Bayern aktualisiert. Um die Größenordnungen zu verdeutlichen, blieb Agnes Becker gleich beim Landkreis Erding: Alleine hier gibt es 1700 km Gewässer 3. Ordnung !
Auch dank der Unterstützung durch Alois Glück sei der „Bayerische Streuobstpakt“ zustande gekommen, der für zusätzlich eine Million Obstbäume in Bayern für Streuobstwiesen bis 2035 sorgen wird. Die errechneten und zugesagten Kosten in Höhe von 670 Millionen Euro, nicht zuletzt für die Pflegemaßnahmen, waren zuvor Summen, die man noch nie für den Artenschutz, sondern nur für den Straßenbau gekannt hatte.“
30% Ökolandanbau in weiter Ferne – es fehlt verbindliche staatliche Bioquote
Beim Ökolandbau hinkt die Umsetzung den geforderten Zielen weit hinterher: Hier hat das Volksbegehren Zielvorgaben ins Naturschutzgesetz geschrieben. 20 Prozent sollen es bis 2025 sein, 30 Prozent bis 2030. Im Jahr 2023 lag der Anteil in Bayern bei nur 13 Prozent!! Es fehlt dabei eine staatliche Bioquote für den Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel.
Nachholbedarf beim Biotopverbund und bei der Pestizideinsatz-Reduzierung
„Das wichtigste Ziel, aus meiner Sicht wichtiger als alle anderen Teilziele zusammen, ist der Biotopverbund: Er soll 15 Prozent des Offenlands bis 2030 betragen, hat Ministerpräsident Söder versprochen“, resümiert Schäffer. „10,4 Prozent sind erreicht. Es geht in die richtige Richtung. Es fehlen die nächsten 5 Prozent. Sie lassen sich nicht zusammenrechnen, sie sind neu zu schaffen.“ Es bedeute einen großen Aufwand, 5 Prozent aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung zu nehmen und als Vernetzungswege für bedrohte Pflanzen und Tiere umzubauen.
Problematisch sei zudem die vereinbarte Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2028, weil dafür die Datengrundlage fehlt. Dr. Schäffer monierte die fehlenden Daten. Erst ein vom LBV in Auftrag gegebenes Gutachten hätte hier für belastbare Zahlen gesorgt.
Falsche Weichenstellungen der letzten Zeit
Zum Schluß nahm Agnes Becker Stellung zu den aktuellen Entwicklungen: Durch den Ukrainekrieg und die Bauernproteste hätte sich „das Koordinatensystem verschoben“. Letztere hätten „viel Grund sich zu beschweren“, die Reaktionen auf die Trecker-Blockaden wären aber übertrieben: Plötzlich werde gefordert, erreichte Umweltstandards wieder zu demontieren. Für die Ernährungssicherheit gebe es aber deutlich wichtigere Stellschrauben als den Verzicht auf die aus Artenschutz-Sicht zwingend nötigen mindestens 4 Prozent Brachen, die einige Verbände und Politiker fordern. „Die wichtigste ist: Den Fleischverbrauch halbieren! Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt sogar: zwei Drittel runter.“
Zudem sei die Produktion sogenannter Energiepflanzen wahnsinnig ineffizient. „Raps oder Mais anbauen, bringt sehr wenig Energie. Eine PV Fläche ist ökologisch wertvoller als jeder Acker, auf dem Intensiv-Landwirtschaft betrieben wird. Aber ich brauche 40 Hektar, um die gleiche Energie zu gewinnen.“ Daher sei die „Flächeneffizienz lächerlich“.
Die dritte der wichtigsten Stellschrauben: das Wegwerfen von Lebensmitteln. Aktuell werde in Deutschland ein Drittel nach (!) dem Kauf weggeworfen – laut LBV „völlig respektlos“ auch gegenüber den Erzeugern: „Wir müssen wissen, wie wir mit Lebensmitteln umgehen: Sie werden nicht sofort toxisch bei der Überschreitung des Verfallsdatums.“